Eine Reise in den kleinsten EU-Staat, gelegen auf kleinen Inseln, in der Nähe einer viel grösseren Inseln und trotz der grossen Entfernung ohne Flugzeug erreichbar.

Eine Reise in den kleinsten EU-Staat, gelegen auf kleinen Inseln, in der Nähe einer viel grösseren Inseln und trotz der grossen Entfernung ohne Flugzeug erreichbar.

Der erste Zug wäre auch direkt ans Meer gefahren.

So langsam hat es sich wohl rumgesprochen, dass ich auch für weite Strecken nicht aufs Flugzeug verzichte, sondern Zug- und Schifffahrten bewusst als Teil der Ferien miteinbeziehe. So wurde ich vor der Abfahrt nach Malta von niemandem schräg angeschaut, sondern neugierig befragt, wie der Weg nach Malta so aussehen würde.

Rund 6 Stunden befindet man sich während der Landreise nach Malta in maritimen Gefilden. Diese Zeit wird ziemlich gerecht aufgeteilt in die Verladung des Nachtzuges auf die Fähre vom Festland nach Sizilien und die rund 20x längere Strecke mit dem Katamaran vom kleinen Küstenort Pozzallo auf den Inselstaat. Über die längste Zugfahrt der EU wurde auf diesem Blog schon berichtet, die Fähre nach Malta ist bis auf den wunderbaren Sonnenuntergang, den man uns organisiert hat eigentlich nicht spektakulär, weshalb sich der Blog mehr um das kleinste Land der EU dreht.

Nein, der Zug fährt nicht nach Malta. Doch wer ohne Flugzeug nach Malta reisen will, muss erstmal nach Sizilien übersetzen.

Superlativen, die zum Nachdenken einladen

Warum überhaupt Malta? Eine Frage, die man sich vor Ort auch regelmässig stellt. Die Tatsache, dass die 41. grösste Insel im Mittelmeer als einzige neben Zypern zugleich einen eigenen Staat markiert, macht die Sache sicherlich spannender als auf eine der tausenden griechischen oder kroatischen Inseln zu reisen. Der Inselstaat bringt auch gleich einige spannende Fakten mit sich. Die neben Englisch weit verbreitete Landessprache Magrebisch ist die einzige Arabische Sprache, die in Europa eine Amtssprache ist und zudem auch die einzige, wofür das lateinische Alphabet verwendet wird.

Eindrucksvoll ist aber auch der Fakt, dass Malta eines der dichtbesiedelten Länder der Welt ist und in Kombination mit dem mediterranen Klima das Land mit dem geringsten pro Kopf Niederschlag der Welt. Die Bevölkerung ist deshalb verpflichtet, Regenwasser in Zisternen zu sammeln, der Staat aber dennoch darauf angewiesen, rund 75% seines Trinkwassers von Sizilien zu importieren, was auch nicht gerade als Wasserschloss bekannt ist. Auch Landwirtschaft ist somit auch kaum möglich und ein Grossteil des Essens wird dementsprechend ebenfalls vom Festland eingeschifft um die rund 350'000 Bewohner*innen der Insel und die jährlich 2 Millionen Touris die hier ankommen versorgen zu können. Es resultiert also einiges an Aufwand für Menschen die sich ein Eiland teilen, das Flächenmässig kaum grösser ist, als der Kanton Schaffhausen.

Das letzte was man vor Malta sieht ist ein Sonnenuntergang im kleinen Hafen von Pozzallo

Was wollen die denn alle sehen?

Viele Menschen haben Malta schon besucht. Der Einfluss des Antiken Roms, Arabien, Italiens, Napoleons und der britischen Krone von welcher Malta 1961 unabhängig wurde, machen deutlich, dass eine grosse Vielfalt von Architektur und Kultur zu erwarten ist. Eindrucksvoll sind Städte wie die alte Hauptstadt Mdina mit der mittelalterlichen Stadtmauer, das direkt danebengelegene Rabat, was sich wie ein verschlafenes Städtchen in den weiten Englands anfühlt und natürlich die spektakulär auf steilen Klippen gelegene Hauptstadt Valetta, wo man mit Lädelen, Ausblick auf Hafen und die absurd wirkenden Hochhausviertel in den anliegenden Buchten oder feinem Essen einen guten Tag verbringen kann.

Tatsächlich gibt es zwischen so vielen Strassen, Autos und Häuser auch etwas, was hierzulande als Natur bezeichnet werden würde. Die Küstenlinie präsentiert sich, wenn mal kein Haus an der Küste gebaut ist sehr abwechslungsreich. Es wechseln sich wenige Sandstrände mit steilen Klippen oder eindrucksvollen Höhlen und Grotten ab.

Will man auch mal etwas Landschaft sehen, muss man an die Westküste oder auf Maltas Nachbarinsel Gozo

Wie kann man das alles sehen?

Erreichbar sind die beliebtesten Orte beispielsweise mit den über 100 Buslinien, die auf Malta und der Nachbarinsel Gozo ihre Runden drehen. Wir haben uns für diese Reisemethode entschieden, auch weil zu Hause alles sehr einfach wirkte. Das App Tallinja zeigt einem alle 2042 Busstationen an, man kann einfach eine Route zwischen zwei beliebigen Stationen wählen und sieht so, dass ja fast alle 30 Minuten eine Verbindung besteht. Schon nach der Ankunft zeigte sich aber, dass auch eine noch so gut programmierte ÖV-App auch nur bedingt weiterhilft, wenn das Angebot seine grossen Schwächen hat.

Der Bus in unser Küstendorf sollte direkt und gleich beim Hafen abfahren. Soweit, so einfach. Auch der Weg an die Bushaltestelle war zwar nicht schön, aber liess sich gut finden. Dort fanden wir dann einerseits einen demolierten Ticketautomaten, Fahrpläne für etwa die Hälfte der laut App verkehrenden Verbindungen und eine Abfahrtstabelle, die zwar viele Busverbindungen in wenigen Minuten ankündete, nicht aber den 81er. Genau das, was man sich nicht wünscht, wenn man nachts an einem unbekannten Ort ankommt. Bei der ersten Fahrt erschien wenigstens einigermassen zur erhofften Zeit unsere Busverbindung. Der Busfahrer fuhr dann auch so, als ob er sich in einem anderen Kleinstaat mit M fühlte (Monaco) und erreichte nach Formel 1 verdächtiger Fahrewise fast pünktlich das Ziel.

Auf unseren geplanten Touren quer durch die Insel zeigte sich dann aber auch die Realität des maltesischen Busnetzes: Fahrpläne verkommen (auch wegen den komplett überfüllten Strassen) zu einer Makulatur, man fragt sich nach 40 Minuten an der Haltestelle, ob der Bus nun 25 Minuten zu spät oder 5 Minuten zu früh. Dennoch ist man dann recht schnell wieder sehr froh, es in den Bus geschafft zu haben. Auf der Fahrt zurück in die Hauptstadt ist der für viele langersehnte Bus an unzähligen wartenden Fahrgästen vorbeigefahren, weil es im Bus einfach keinen Platz mehr gab. So dauerte unsere Odysee über die halbe Insel, was einer wenig beachtlichen Strecke von 25 Kilometern entspricht, doch gut 2.5 Stunden. Der schöne Strand war es zwar allemal wert, von einer Reise auf die anscheinend sehr schöne Gozo direkt neben Malta sahen wir aufgrund dieser Umstände dann aber ab. Auf unserer Reise im frühen Frühling haben wir uns nicht ausmalen können, wie die Massen im Hochsommer über die Insel transportiert werden.

Die Għajn Tuffieħa ist eine der schönsten Buchten von Malta. Wenige schön war, dass die 24 Kilometer lange Fahrt nach Hause über 2.5h gedauert hat.

Wer sich das Busfahren sparen möchte, kann die Insel auch preiswert mit Bolt-Taxis erkunden oder sich ein Mietauto nehmen, wobei hier geraten sei auf der linken Seite der Strasse zu fahren. Auch mit vielen Touristenböötchen lässt sich die spektakuläre Küste Maltas bestens besichtigen, was meist nicht allzu viel kostet und mit etwas Glück trifft man wie wir auf einen ehemaligen Schauspieler, der in einem der vielen Hollywood-Streifen mitwirkte und sogar gemeinsam mit Brad Pitt am Set stand.

Muss man das alles sehen?

Wir hatten auch so eine gute Zeit in Malta. So früh im Jahr konnten wir uns bereits wie im Sommer fühlen und sogar wenige Meter im Mittelmeer schwimmen. Gleichzeitig ist Ende März auch nicht der ganz grosse Touristenandrang vorzufinden und an den Stränden, in den Restaurants und auch im Bus findet sich meistens noch der erhoffte Platz und etwas Entspannung.

Das Kreuzfahrterminal wird gerade ausgebaut. Bald können 4 solcher Riesenkutter auf der Insel anlegen. Wer genau hinschaut sieht auch unsere Fähre, die uns wieder nach Sizilien brachte

Dennoch fragten wir uns auch oft, ob es wirklich Sinn macht, nach Malta zu reisen für die Ferien. Von paradiesischen Zuständen kann man nicht gerade sprechen und die Insel ist an vielen Ecken zugebaut wie die Agglomeration von Zürich. Dazu kommt der Fakt, dass bis auf die frischen Fische im Restaurant so gut wie alles importiert werden muss. Irgendwelche grosse Schiffe haben für unseren Aufenthalt viel Plunder hierher verfrachtet, damit wir das dann geniessen bzw. als Souvenir wieder von der Insel nach Hause schleppen konnten. Es waren also keine Öko-Ferien auf einer Insel, die geschichtlich und zwar kulturell durchaus spannend ist, dann aber auch nicht als Geheimtipp bezeichnet werden kann.

Die An- und Abreise nach Malta war somit auch eines der Highlights der Reise. Sei es wegen dem italienischen Flitzer, der uns mit 300 km/h in die ewige Stadt Rom brachte, das hervorragende Essen in Roms Ausgangsviertel Trastevere, der Dusche im Schlafwagen, die aus der Zeit gefallene Verladung der Züge auf die Fähre nach Sizilien, die immer wärmer werdenden Temperaturen und die beeindruckende Überfahrt mit «Captain’s View» nach Malta auf einem Schiff, das im kleinen Hafen von Pozzallo noch recht gross aussah, neben dem Kreuzfahrtschiff auf Malta aber dann doch wirkt, wie ein kleines Ruderboot.

Wir haben Malta verlassen, wie wir angekommen sind. Mit einer untergehenden Sonne.